Wenn an diesem Wochenende die 3. Liga in die zweite Jahreshälfte startet, hat Michael Tarnat (53) gleich zwei Vereine, denen er seine Aufmerksamkeit schenkt. Zum einen hat der frühere Nationalspieler die Entwicklung bei seinem Ex-Klub MSV Duisburg stets im Blick, der am Samstag (14 Uhr, MagentaSport) zum Auftakt beim Tabellenzweiten 1. FC Saarbrücken gefordert ist.
Für Tarnat ist die dritte deutsche Profiliga aber vor allem aus familiären Gründen interessant. Sein Sohn Niklas Tarnat (24) steht beim Duisburger Revierrivalen Rot-Weiss Essen unter Vertrag und zählt dort zu den Leistungsträgern. „Als Vater freut es mich, dass er seinen Weg geht und sich in seinem Klub total wohl fühlt“, sagt der in Hilden geborene Tarnat.
Einige Spiele seines Sohnes hat er bereits gesehen, auch im Essener Stadion. Die Atmosphäre an der Essener Hafenstraße habe beide Tarnats beeindruckt. "Niklas hatte zuvor für Reserve-Teams gespielt, da war nicht viel mit Zuschauern. Die Stimmung in Essen hat es ihm schon angetan. Ich war beim Heimspiel gegen Saarbrücken im Stadion. Das macht viel Spaß", sagt der WM-Teilnehmer von 1998.
RWE und der MSV hatten sich vor der WM-Pause mit der gleichen Punktzahl (22) einen Platz im Mittelfeld gesichert. Deutlich zufriedener ist man mit dieser Zwischenbilanz an der Essener Hafenstraße. Der Aufsteiger hat sich nach einem schwachen Saisonstart stabilisiert. Die letzten sieben Spiele vor der Winterpause blieb RWE ungeschlagen. Im Umfeld des ehemaligen Bundesligisten erzeugte das die nächste Euphoriewelle. In den vergangenen Wochen wurden die letzten verfügbaren Dauerkarten verkauft, insgesamt 11.000.
Michael Tarnat über RWE: "Weg nach oben nicht zu Ende" Der Heimbereich wird am Samstag zum Auftakt gegen den Halleschen FC (14 Uhr, MagentaSport) ausverkauft sein. Im Hintergrund wird bereits der Ausbau des Stadions an der Hafenstraße geplant, das 20.650 Zuschauern Platz bietet. „RWE hat ein enormes Potenzial“, sagt Tarnat. „Der Weg des Klubs nach oben ist noch nicht zu Ende.“
In Christoph Dabrowski (44) hat Essen einen Trainer, den Tarnat aus gemeinsamer Zeit bei Hannover 96 kennt. Für den Zweitligisten arbeitete Tarnat bis zum vergangenen Sommer als Chef des Nachwuchsleistungszentrums. Dabrowski gelang unter seiner Führung der Sprung ins Trainer-Profigeschäft. Beide schätzen sich. Es gebe einen regelmäßigen Austausch, sagt Tarnat. Er habe mitbekommen, dass sein Freund und Kollege keinen leichten Start an der Hafenstraße hatte. "Dabro wurde zu Beginn sehr kritisch gesehen. Er ist jemand, der gerne auf viel Ballbesitz setzt. Das ist als Aufsteiger in einer starken 3. Liga nicht sofort möglich. Daher hat er das RWE-Spiel etwas angepasst. Zuletzt lief es auch richtig gut, das freut mich für ihn."
RWE habe ein sehr unruhiges Umfeld, dafür hätten die Verantwortlichen die nötige Weitsicht, findet Tarnat. "Der Verein hat im Verein totale Ruhe. Die Fans sind heiß, wollen natürlich so schnell wie möglich hoch. Kompliment an die handelnden Personen, dass sie die Ruhe bewahren." Tarnat ist davon überzeugt, dass sich der 44-jährige Dabrowski an der Hafenstraße durchsetzen kann. "Er ist hungrig, er atmet den Fußball. Dieser Einsatz zeichnet ihn aus. Zudem ist sein Umgang mit den Spielern sehr gut. Mit RWE hat er einen richtig guten Verein mit großer Tradition gefunden."
Nun arbeitet der frühere Bochumer Dabrowski wie schon in Hannover mit Tarnat Junior zusammen. Im RWE-Kader hat sich der Mittelfeldspieler trotz namhafter Konkurrenz durchgesetzt. Björn Rother von Zweitligist Hansa Rostock, der erfahrene Clemens Fandrich und Top-Transfer Felix Götze kamen im Sommer, Tarnat blieb Stammspieler. "Bei Niklas muss man immer genauer hinschauen. Er ist nicht für seine Tore bekannt, dafür hilft er seiner Mannschaft in anderen Bereichen", erklärt Tarnat das Spiel seines Sohnes.
Im Sommer läuft dessen Vertrag bei Rot-Weiss Essen aus. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass der Mittelfeldspieler das Interesse anderer Klubs geweckt hat. RWE würde ihn gerne über die Saison hinaus halten. Gibt es einen Ratschlag des bekannten Vaters? „Ich halte mich da raus. Das macht Niklas alleine mit seinem Berater. Mein Sohn muss seinen eigenen Weg gehen. Wenn er einen Rat braucht, stehe ich aber natürlich zur Verfügung“, entgegnet Michael Tarnat.